Schimmel-Checkliste fürs Haus: Diagnose bis Sanierung - So erkennen und beseitigen Sie Schimmel richtig
                                                        Nov,  3 2025
                            Warum eine Schimmel-Checkliste überlebenswichtig ist
Wenn du einen muffigen Geruch in der Wohnung spürst, aber kein sichtbares Fleckchen siehst - bist du schon in der Gefahrenzone. Laut dem Umweltbundesamt sind 85 Prozent aller Schimmelschäden versteckt. Hinter Möbeln, unter Estrich, in Wandnischen oder hinter Tapeten. Und genau da wächst der Schimmel, während du denkst, alles sei in Ordnung.
Ein einfacher Teststreifen vom Baumarkt? Der erkennt nur 28 Prozent der Fälle. Eine App auf dem Handy? Die findet höchstens die offensichtlichen Flecken. Wer wirklich sicher sein will, braucht eine systematische Checkliste. Nicht als bloße Liste, sondern als Arbeitsmethode, die von Gutachtern, Baubiologen und TÜV-zertifizierten Experten seit Jahren verwendet wird - und die dir hilft, nicht nur den Schimmel zu entfernen, sondern die Ursache zu beseitigen.
Denn: 78 Prozent aller Fehlsanierungen passieren, weil nur die Oberfläche gereinigt wurde. Der Schimmel kommt zurück. Und zwar schneller als du denkst.
Phase 1: Die Vor-Ort-Diagnose - 18 Fragen, die du stellen musst
Die Checkliste beginnt nicht mit einem Messgerät, sondern mit Beobachtung. Du brauchst keine Spezialausrüstung, nur einen klaren Kopf und Zeit. Hier sind die 18 wichtigsten Fragen - und was sie wirklich bedeuten.
- Wie alt ist das Haus? Gebäude vor 1970 haben oft keine Dämmschicht, schlechte Luftdichtigkeit und kapillar aktive Mauern - perfekte Bedingungen für Feuchtigkeit.
 - Welches Material sind die Außenwände? Ziegel, Beton, Holz? Jedes Material reagiert anders auf Feuchtigkeit. Holz etwa saugt auf und fängt an zu schimmeln, sobald die Luftfeuchtigkeit über 80 % steigt - und das passiert oft im Winter, wenn du nicht richtig lüftest.
 - Stimmt der Zustand des Dachs? Ein undichtes Dach ist die häufigste Ursache für schwerwiegenden Schimmel. Aber auch kleine Ritzen, verstopfte Dachrinnen oder fehlende Dachentwässerung reichen aus.
 - Gibt es Wärmebrücken? Wo Wände auf Fenster stoßen, wo Balkone durchgezogen sind, wo Rohre durch Wände führen - da kühlt die Wand innen ab. Kälte = Kondenswasser = Schimmel. Das ist der häufigste Fehler bei Neubauten und Sanierungen.
 - Wie lüftest du? Kurz und kräftig (5-10 Minuten) oder gekippt? Kippen ist eine der größten Fehlannahmen. Es bringt kaum Luftaustausch, aber viel Wärmeverlust. Und das macht die Wände kälter - genau dort, wo Schimmel wächst.
 - Wo steht dein Bett? Wenn es an einer Außenwand steht, wirst du morgens mit Schimmel in der Nase aufwachen. Die Wand kühlt nachts ab, deine Atemluft kondensiert darauf - und der Schimmel frisst die Hautschuppen, die du abwirfst.
 - Wurde die Wohnung schon mal renoviert? Eine neue Dämmung ohne entsprechende Lüftungsanlage? Ein neuer Estrich ohne Trockenzeit? Das ist ein klassischer Fall für Schimmel unter dem Boden.
 - Wohnst du allein oder mit anderen? Mehr Menschen = mehr Feuchtigkeit. Eine Person produziert pro Tag bis zu 1,5 Liter Wasserdampf durch Atmen, Kochen, Duschen. In einer 4-Personen-Wohnung sind das 6 Liter pro Tag - und das muss raus.
 - Hast du einen Trockner? Wenn du ihn im Wohnzimmer laufen lässt, ohne ihn abzulüften, verteilst du die Feuchtigkeit im ganzen Haus. Der Schimmel wächst dort, wo die Luft am wenigsten zirkuliert - hinter dem Sofa, im Schrank.
 - Wie viel Feuchtigkeit misst du im Raum? Nicht nur an der Wand, sondern in der Luft. Ab 80 % relative Luftfeuchtigkeit über 48 Stunden beginnt Schimmel zu wachsen - laut DIN 18964. Ein billiges Feuchtemessgerät (ab 89 €) ist dein bester Freund.
 - Wurde nach einem Wasserschaden richtig getrocknet? Nach einem Rohrbruch muss nicht nur der Boden trocken sein, sondern auch die Wandhinterseite. Das dauert Wochen. Wer nach 2 Tagen wieder einzieht, baut Schimmel ein.
 - Gibt es einen muffig-modrigen Geruch? Das ist kein „typischer Altbaugeruch“. Das ist MVOC - flüchtige organische Verbindungen, die Schimmelpilze absondern. Diese Gerüche sind ein klarer Hinweis, dass Schimmel aktiv wächst - auch wenn du ihn nicht siehst.
 - Hast du Atemwegsbeschwerden, wenn du zu Hause bist? Reizhusten, Niesanfälle, verstopfte Nase - besonders nach 30 Minuten Aufenthalt? Das ist kein Schnupfen. Das ist eine Reaktion auf Schimmelsporen. Studien zeigen: Kinder in schimmelbelasteten Wohnungen haben ein 1,7-fach höheres Risiko für Asthma.
 - Wo ist der Schimmel genau? An der Decke? An der Wand? In der Ecke? An der Decke = schlechte Dämmung oder undichtes Dach. An der Wand = Wärmebrücke oder fehlende Dämmung. In der Ecke = Luftstau.
 - Wie groß ist der Fleck? Unter 0,5 m²? Das ist Sekundärbefall - kann gereinigt werden. Größer? Dann ist es Primärbefall - du musst die Ursache beseitigen, sonst ist alles umsonst.
 - Wurde schon einmal gereinigt? Mit Essig? Mit Spülmittel? Mit Bleiche? Das ist ein Fehler. Essig ist zu schwach, Bleiche nur oberflächlich wirksam und kann sogar Schimmelsporen aktivieren. Nur spezielle Fungizide wie MikroSAN F11 sind zertifiziert und wirken tiefgreifend.
 - Wie ist die Raumtemperatur? 18-20 °C ist ideal. Kälter = mehr Kondensation. Wärmer = mehr Feuchtigkeit in der Luft. Beides fördert Schimmel.
 
Phase 2: Instrumente - Was du wirklich brauchst
Die Checkliste allein reicht nicht. Du brauchst Werkzeuge, die die unsichtbaren Spuren sichtbar machen.
- Feuchtemessgerät - Ein Protimeter Surveymaster oder ein einfaches TFA Dostmann 30.1080.03 misst die Luftfeuchtigkeit und die Wandfeuchte. Wichtig: Messen an mehreren Stellen - nicht nur am Fleck, sondern auch daneben. Eine Wand mit 20 % Feuchtigkeit ist kritisch. Eine mit 40 % ist akut.
 - Thermokamera - Eine FLIR E8 (oder günstigere Modelle ab 300 €) zeigt dir Wärmebrücken als kalte Flecken auf dem Bildschirm. Wo die Wand kälter ist als die Umgebung, kondensiert die Luft - und Schimmel wächst.
 - MVOC-Sensor - Wenn du keine sichtbaren Flecken hast, aber dich krank fühlst, misst dieser Sensor die flüchtigen Schimmelpilz-Gase. Ab 0,01 ppm ist Handlungsbedarf. Der UBA empfiehlt diesen Test, wenn Gesundheitsbeschwerden bestehen.
 - Luftkeimsammler - Ein MAS-100 Eco Gerät saugt 100 Liter Luft pro Minute und fängt Sporen ein. Die Proben werden dann im Labor gezählt. Ab 100 KBE/m³ (Koloniebildende Einheiten pro Kubikmeter) ist von einem gesundheitlichen Risiko auszugehen.
 
Du musst nicht alles kaufen. Aber du musst wissen, was du brauchst - und wann du einen Profi holen solltest. Wenn du mehr als 3 Messpunkte hast, die über 80 % Luftfeuchtigkeit zeigen, oder wenn du MVOC-Werte über 0,05 ppm misst: Hol dir einen zertifizierten Schimmelsachverständigen.
Phase 3: Sanierung - Von der Reinigung bis zur Bauphysik
Jetzt weißt du, wo es ist. Jetzt musst du es loswerden - richtig.
Sekundärbefall (unter 0,5 m²)
Wenn der Schimmel nur auf der Oberfläche sitzt - etwa auf Tapete oder Farbe - dann kannst du ihn reinigen.
- Trage Schutzkleidung: Handschuhe, Maske (FFP2), Schutzbrille.
 - Entferne losen Belag (Tapete, Putz) mit einem Spachtel - nicht mit dem Staubsauger!
 - Reinige die Fläche mit einem zertifizierten Fungizid wie MikroSAN F11. Sprühen, einwirken lassen (mindestens 1 Stunde), abwischen. Nicht abspülen!
 - Trockne die Wand mit einem Trockenlüfter (mindestens 48 Stunden).
 - Streiche mit einem Schimmelresistenten Anstrich (z. B. Silikatfarbe mit Schimmelschutz).
 
Primärbefall (größer als 0,5 m² oder versteckt)
Das ist kein Reinigungsproblem. Das ist ein Bauphysikproblem.
- Wärmebrücken beseitigen - Dämmung von innen oder außen, je nach Gebäude. Bei Altbauten oft nur von innen möglich - aber dann muss die Dämmung dicht an der Wand liegen, sonst entsteht Kondenswasser davor.
 - Feuchtigkeitsquelle finden - Undichtes Dach? Undichte Rohre? Kapillare Feuchtigkeit aus dem Boden? Das muss repariert werden - sonst ist alles umsonst.
 - Lüftung verbessern - Ein mechanisches Lüftungssystem (z. B. mit Wärmerückgewinnung) ist die beste Lösung. Alternativ: Mindestens 3x täglich stoßlüften - 5-10 Minuten, Fenster ganz auf, Heizung runter.
 - Wände trocknen - Das dauert. Wochen. Monate. Ein Trockenlüfter hilft, aber nur, wenn die Feuchtigkeitsquelle beseitigt ist. Sonst läufst du nur im Kreis.
 
Was du auf keinen Fall tun solltest
- Nicht mit Essig oder Bleiche reinigen. Essig ist zu schwach, Bleiche verändert die Oberfläche - Schimmel wächst schneller wieder.
 - Nicht einfach abmalen. Ein neuer Anstrich über Schimmel ist wie ein Pflaster auf einer Wunde. Der Schimmel wächst darunter weiter.
 - Nicht mit Hausmitteln experimentieren. Salz, Zitrone, Öl - sie haben keine wissenschaftliche Grundlage und können die Situation verschlimmern.
 - Nicht warten. Schimmel wächst exponentiell. Eine kleine Stelle wird in 2 Wochen 10-mal größer.
 
Rechtliche Grundlagen - Was du als Mieter oder Eigentümer wissen musst
Als Mieter: Du hast Anspruch auf eine schimmelfreie Wohnung. Der Vermieter muss sanieren, wenn der Schimmel größer als 0,1 m² ist - das hat der Bundesgerichtshof 2022 entschieden. Du musst ihn schriftlich informieren - mit Fotos und Messwerten. Wenn er nicht reagiert, kannst du Mietminderung verlangen.
Als Eigentümer: Du bist verantwortlich für die Bausubstanz. Wenn du Schimmel ignorierst, kann das später teuer werden - nicht nur wegen der Sanierung, sondern auch wegen der Gesundheitsschäden der Mieter. Und Versicherungen zahlen oft nicht, wenn du die Ursache nicht beseitigt hast.
Wie du dich vor Schimmel schützt - Langfristige Strategien
- Lüften ist die beste Prävention. Drei Mal täglich 5-10 Minuten stoßlüften - nicht kippen.
 - Temperatur halten. Mindestens 18 °C in allen Räumen. Kälte ist der größte Feind.
 - Keine Möbel an Außenwände stellen. Lass Luft zirkulieren.
 - Trockner ins Freie oder in den Keller stellen. Nicht in die Wohnung.
 - Feuchtigkeit messen. Ein Feuchtemessgerät kostet 90 € - das ist die günstigste Versicherung für deine Gesundheit.
 - Regelmäßige Kontrolle. Einmal im Jahr: Gehe mit der Checkliste durch die Wohnung. Vor allem im Herbst und Winter.
 
Wie viel kostet das?
- Feuchtemessgerät: 89-150 €
 - Thermokamera mieten: 50-100 €/Tag
 - Gutachter (1 Stunde): 150-300 €
 - Professionelle Reinigung (1 m²): 25-40 €
 - Bauphysikalische Sanierung (Wärmedämmung): 150-300 €/m²
 
Die Checkliste kostet nichts. Die falsche Sanierung kostet Tausende.
Was kommt als Nächstes?
Die Technik entwickelt sich. Seit 2023 testet das Fraunhofer IBP eine KI-App, die mit deiner Smartphone-Kamera und Klimadaten Schimmelrisiken vorhersagt - mit 89 % Genauigkeit. Aber das ist noch Pilotphase. Bis dahin: Bleib bei der bewährten Methode. Die Checkliste ist kein Trend. Sie ist der Standard. Und sie rettet Häuser - und Gesundheiten.
Kann ich Schimmel selbst entfernen?
Ja - aber nur, wenn der Befall kleiner als 0,5 m² ist und du die Ursache beseitigt hast. Bei größeren Flächen, verstecktem Schimmel oder gesundheitlichen Beschwerden solltest du einen zertifizierten Schimmelsachverständigen hinzuziehen. Selbstreinigung ohne Ursachenbeseitigung führt fast immer zu einem Rückfall.
Warum hilft Lüften gegen Schimmel?
Lüften senkt die Luftfeuchtigkeit und verhindert Kondensation an kühlen Oberflächen. Schimmel braucht Feuchtigkeit - mehr als 80 % relative Luftfeuchtigkeit über 48 Stunden - um zu wachsen. Durch stoßweises Lüften (5-10 Minuten, Fenster ganz auf) wird die feuchte Luft aus dem Raum abgeleitet und trockene Luft nachgeführt. Kipplüften ist ineffektiv und kühlt die Wände unnötig ab - was Schimmel sogar fördert.
Ist Schimmel gefährlich für Kinder?
Ja. Studien des Umweltbundesamts zeigen, dass Kinder in schimmelbelasteten Wohnungen ein 1,5- bis 1,7-fach höheres Risiko für Atemwegserkrankungen wie Asthma haben. Schimmelsporen und MVOC-Gase reizen die Atemwege und können langfristig die Lungenentwicklung beeinträchtigen. Besonders betroffen sind Kinder, die in Zimmern mit Schimmel an den Außenwänden schlafen - dort kondensiert ihre Atemluft auf der kalten Wand.
Was ist der Unterschied zwischen Primär- und Sekundärbefall?
Primärbefall entsteht durch bauliche Defekte - wie Undichtigkeiten, Wärmebrücken oder kapillare Feuchtigkeit. Hier muss die Ursache beseitigt werden. Sekundärbefall ist oberflächlich und entsteht durch falsches Lüftungsverhalten oder hohe Luftfeuchtigkeit. Er kann durch Reinigung beseitigt werden - aber nur, wenn die Luftfeuchtigkeit dauerhaft gesenkt wird. Sonst kommt er zurück.
Wie erkenne ich versteckten Schimmel?
Versteckter Schimmel zeigt sich oft durch einen muffigen Geruch, Atemwegsbeschwerden ohne Erkältung oder durch Feuchtigkeitsmessungen über 80 % in der Luft. Thermokameras zeigen kalte Stellen an Wänden, wo Kondensation entsteht. Oft findet man ihn hinter Möbeln, unter Estrich, in Wandnischen oder hinter Dämmung. Ohne Messgeräte ist er schwer zu erkennen - deshalb ist eine professionelle Checkliste wichtig.
Wann muss ich einen Gutachter holen?
Du solltest einen zertifizierten Schimmelsachverständigen hinzuziehen, wenn: der Befall größer als 0,5 m² ist, du keine sichtbare Ursache findest, du gesundheitliche Beschwerden hast, du vor einer Sanierung sicher sein willst, oder wenn du als Mieter rechtliche Ansprüche geltend machen willst. Ein Gutachter misst Luftfeuchtigkeit, MVOC-Werte und nimmt Proben - und sagt dir genau, was du tun musst.
Kann ich Schimmel mit einer Heizung vertreiben?
Nein. Eine Heizung erhöht die Lufttemperatur, aber nicht die Luftzirkulation. Wenn die Wand kalt bleibt - etwa durch fehlende Dämmung - kondensiert die warme Luft darauf und macht den Schimmel nur noch größer. Heizen ohne Lüften und ohne Wärmedämmung ist kontraproduktiv. Der Schimmel braucht Feuchtigkeit - nicht Kälte. Und Feuchtigkeit entsteht durch falsches Lüften, nicht durch kalte Räume.
Warum ist die Checkliste besser als eine App?
Apps wie „Schimmel-Alarm“ oder „Schimmel-Check Pro“ basieren oft nur auf Bilderkennung - sie sehen nur, was sichtbar ist. Die Checkliste berücksichtigt bauliche Gegebenheiten, Nutzerverhalten, Feuchtigkeitsmessungen und Gesundheitsbeschwerden. Laut Stiftung Warentest erkennt eine App nur 42 Prozent der versteckten Schäden. Die Checkliste - wenn richtig angewendet - erkennt bis zu 95 Prozent. Sie ist ein ganzheitliches Diagnoseinstrument, keine Oberflächenanalyse.