Kondenswasser im Dach: Ursachen, Lüftung und Dampfbremse richtig einsetzen
Dez, 14 2025
Wenn du morgens im Dachgeschoss ein feuchtes Fenster oder tropfende Dachbahnen siehst, ist das kein Zufall. Kondenswasser im Dach ist ein verbreitetes, aber oft missverstandenes Problem. Es entsteht nicht durch Undichtigkeiten, sondern durch Physik: Warme, feuchte Luft aus deinem Wohnraum steigt nach oben, trifft auf kalte Dachflächen - und verwandelt sich in Wasser. Das ist besonders bei Metalldächern, alten Fenstern oder schlecht gedämmten Dachgeschossen ein Problem. Die Folge? Schimmel, Holzfaulnis, beschädigte Dachbahnen - und am Ende teure Sanierungen.
Warum entsteht Kondenswasser genau im Dach?
Die Ursache ist einfach: Temperaturunterschiede und zu hohe Luftfeuchtigkeit. In einem Wohnhaus entsteht Feuchtigkeit durch Duschen, Kochen, Atmen oder sogar Pflanzen. Diese feuchte Luft sucht den Weg nach draußen - und der kürzeste Weg führt nach oben, ins Dach. Dort trifft sie auf kalte Oberflächen: Dachziegel, Metallbleche oder die Unterseite der Dachkonstruktion. Wenn die Oberflächentemperatur unter den Taupunkt fällt, kondensiert die Luft - und es bildet sich Wasser.
Der Taupunkt liegt bei normalen Wohnbedingungen bei etwa 12,5 °C. Bei Außentemperaturen unter 5 °C ist das in vielen Dächern täglich der Fall. Besonders betroffen sind:
- Metalldächer mit hoher Wärmeleitfähigkeit (50-400 W/mK)
- Dachfenster, besonders schräg montierte, weil sie kälter werden als flache Flächen
- Alte Fenster ohne Wärmeschutzverglasung
- Wärmebrücken an Fensterlaibungen, Rohrdurchführungen oder Metallträgern
Ein modernes, luftdichtes Haus macht das Problem sogar schlimmer. Früher ist Feuchtigkeit durch Ritzen und undichte Stellen entwichen. Heute ist alles abgedichtet - die Feuchtigkeit bleibt im Inneren. Das Bauschadeninstitut hat festgestellt, dass in Neubauten die Schimmelrate in den letzten Jahren um 37 % gestiegen ist - und Kondenswasser ist die Hauptursache.
Was macht eine gute Dampfbremse aus?
Dampfbremsen sind keine Barriere gegen Wasser - sie sind eine Barriere gegen Wasserdampf. Sie sollen verhindern, dass zu viel Feuchtigkeit in die Dachkonstruktion eindringt. Aber sie müssen richtig eingesetzt werden. Eine schlecht installierte Dampfbremse ist die häufigste Ursache für Schäden - in 78 % der untersuchten Fälle waren Anschlüsse an Fenster, Rohre oder Kabel undicht.
Die richtige Dampfbremse hat einen sd-Wert zwischen 0,2 und 0,5 Meter. Das bedeutet: Sie lässt noch etwas Dampf durch - aber nicht zu viel. Eine zu starke Dampfsperre (sd-Wert > 10) verhindert die Trocknung und führt zu Feuchtigkeitsstau. Eine zu schwache (sd-Wert < 0,1) lässt zu viel Dampf durch - und das Wasser bildet sich trotzdem.
Wichtig: Die Dampfbremse muss luftdicht verklebt werden - besonders an Übergängen zu Fenstern, Dachrinnen oder Durchführungen. Ein einfaches Klebeband reicht nicht. Spezielle Klebstoffe oder selbstklebende Bänder mit 100 % Haftung auf Dachbahnen sind nötig. Die Kosten liegen bei 8-12 € pro Quadratmeter, aber eine falsche Installation kostet später tausende.
Die richtige Lüftung - mehr als nur ein Fenster öffnen
Manuelles Lüften hilft - aber nur begrenzt. Wer nur morgens und abends 5 Minuten lüftet, reduziert die Luftfeuchtigkeit kaum. Eine Studie von Eigenmann AG zeigte: Automatische Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung senken die Luftfeuchtigkeit im Dachraum um 28 % effektiver als manuelles Lüften.
Aber nicht jede Lüftung ist gut. Die Hinterlüftung unter dem Dach ist entscheidend. Sie sorgt dafür, dass die Feuchtigkeit, die trotz Dampfbremse eindringt, abtransportiert wird. Dafür brauchst du:
- Eine minimale Dachneigung von 7-10 %
- Eine Lüftungsschicht von mindestens 22 mm Höhe
- Lüftungsgitter an Traufe und Giebel mit einem Querschnitt von 150 cm² pro 10 m² Dachfläche
- Einen Luftstrom von mindestens 0,5 m/s zwischen Dampfbremse und Dachdeckung
Die Faustregel: 1 cm² Lüftungsfläche pro m³ Raumvolumen. Bei einem Dachgeschoss mit 50 m³ Raumvolumen brauchst du also mindestens 50 cm² Lüftungsfläche - verteilt an Traufe und Giebel. Viele Installateure unterschätzen das. In 42 % der Inspektionen sind die Öffnungen zu klein.
Automatische Systeme wie das Zehnder ComfoAir Q600 passen den Luftwechsel automatisch an die Feuchtigkeit an. Sie messen die Luftfeuchtigkeit, regulieren den Luftstrom und sparen bis zu 35 % Energie. Aber Achtung: Wenn diese Systeme falsch dimensioniert sind, können sie sogar die Luftfeuchtigkeit erhöhen - wie VELUX warnt. Ein zu starker Luftaustausch kühlt die Dachkonstruktion zusätzlich ab - und fördert Kondensation.
Isolierung - die unsichtbare Waffe gegen Kondenswasser
Die beste Dampfbremse nützt nichts, wenn die Dachkonstruktion kalt bleibt. Die Oberflächentemperatur der Dachunterseite muss über dem Taupunkt liegen - also über 12,5 °C. Dafür brauchst du eine gute Dämmung.
Die Empfehlung: Zwischensparrendämmung mit einer Wärmeleitfähigkeit (λ) von max. 0,035 W/mK. Besser noch: 0,032 W/mK wie bei mineralischen Dämmstoffen oder modernen Holzfaserplatten. Die Dicke sollte mindestens 140 mm betragen. Bei Sparrenabständen von 800 mm ergibt das eine Dämmung, die die Oberflächentemperatur um bis zu 10 °C anhebt.
Prof. Dr. Anja Schmidt von der TU München bestätigt: Die Kombination aus Dämmung mit λ=0,032 und einer 22 mm Hinterlüftung reduziert Kondenswasserbildung um 92 % im Vergleich zu ungedämmten Dächern. Das ist kein Marketing - das ist Physik.
Wichtig: Die Dämmung darf nicht die Lüftungsschicht verstopfen. Zwischen Dämmung und Dampfbremse muss Luft zirkulieren können. Keine Dämmplatten auf die Dampfbremse legen - das ist ein häufiger Fehler.
Antikondens-Beschichtungen - Hype oder echte Lösung?
Hersteller werben mit „kondenswasserfreien“ Dächern. Das ist irreführend. Physikalisch gesehen: Wo Feuchtigkeit und Kälte aufeinandertreffen, kondensiert Wasser - immer. Aber es gibt Lösungen, die das Risiko reduzieren.
Antikondens-Vliese wie Dryroof Pro speichern bis zu 0,8 Liter Wasser pro Quadratmeter. Sie nehmen das Kondenswasser auf und geben es langsam ab, wenn die Luft trockener wird. Im Labor verlängern sie die Trocknungszeit um 3,5 Stunden - das gibt der Konstruktion Zeit, sich zu trocknen.
Einige Beschichtungen sind hygrisch reaktiv - sie öffnen ihre Poren bei hoher Luftfeuchtigkeit und schließen sie bei Trockenheit. Aber: Nach 5-7 Jahren verlieren sie bis zu 40 % ihrer Kapazität. Sie sind keine Dauerlösung.
Und Vorsicht: Überlackieren oder Überstreichen von Dampfbremsen reduziert ihre Diffusionsoffenheit um bis zu 60 %. Das Umweltbundesamt warnt: Das ist das Gegenteil von dem, was man will.
Was funktioniert wirklich - und was nicht?
Im Markt gibt es viele Lösungen. Aber nicht alle sind gleich wirksam. Hier ein klarer Vergleich:
| Lösung | Wirksamkeit | Kosten (pro m²) | Wartung | Langfristig haltbar? |
|---|---|---|---|---|
| Dampfbremse (korrekt installiert) | Hohe Wirkung (60-70 % Reduktion) | 8-12 € | Jährliche Prüfung mit Feuchtemesser | Ja - wenn Anschlüsse dicht |
| Hinterlüftung (22 mm + Gitter) | Sehr hoch (80-90 % Reduktion) | 5-8 € | Vierteljährlich reinigen | Ja - Lebensdauer > 50 Jahre |
| Zwischensparrendämmung (λ ≤ 0,032) | Sehr hoch (90 % Reduktion) | 40-60 € | Keine | Ja - Lebensdauer > 50 Jahre |
| Automatische Lüftung mit Wärmerückgewinnung | Hoch (75-85 % Reduktion) | 70-100 € | Filter wechseln, jährlich prüfen | Ja - aber Technik kann ausfallen |
| Antikondens-Vlies | Mittel (40-50 % Reduktion) | 10-15 € | Alle 5-7 Jahre prüfen | Nein - Kapazität sinkt |
| Manuelles Lüften | Niedrig (10-15 % Reduktion) | 0 € | Keine | Ja - aber unzuverlässig |
Die beste Lösung ist keine Einzellösung. Sie ist ein System: Dämmung + Dampfbremse + Hinterlüftung. Wer nur eine davon einbaut, spielt mit Feuer. Die Zukunft gehört hybriden Systemen - wie Prof. Schmidt sagt: „Isolierte Einzellösungen sind mittelfristig nicht mehr wettbewerbsfähig.“
Was kostet eine professionelle Sanierung?
Die Kosten hängen stark davon ab, ob du neu baust oder sanierst.
- Neubau: 120-180 €/m² für vollständige Dämmung, Dampfbremse und Lüftung
- Sanierung: 85-130 €/m² - hier ist oft nur die Dämmung nachzurüsten, die Dampfbremse bleibt bestehen
- Automatische Lüftung: 3.500-6.200 € inkl. Installation für ein Einfamilienhaus
Die Amortisationszeit liegt bei 7,2 Jahren - durch Energieeinsparungen. Das bedeutet: Nach sieben Jahren sparst du mehr an Heizkosten, als du in die Sanierung investiert hast.
Ab Januar 2024 ist laut EnEV 2024 die Installation von Feuchtesensoren in Dachräumen von Neubauten verpflichtend. Das zeigt: Der Staat erkennt das Problem an. Und die Technik geht weiter: Fraunhofer testet nanostrukturierte Beschichtungen, die Kondenswasser um 98 % reduzieren - Marktreife 2025.
Was tun, wenn es schon zu spät ist?
Wenn du schon Schimmel siehst oder Holz weich ist, ist schnelles Handeln nötig.
- Prüfe die Luftfeuchtigkeit mit einem Feuchtemesser - sie sollte unter 50 % liegen
- Prüfe die Dachkonstruktion auf nasse Stellen - besonders an Dachfenstern und Dachrinnen
- Öffne die Lüftungsgitter - sind sie verstopft mit Staub oder Insekten?
- Prüfe die Dampfbremse: Sind Anschlüsse intakt? Gibt es Risse oder Löcher?
- Wenn du unsicher bist: Lass einen Sachverständigen kommen - nicht den Dachdecker, der das Dach 10 Jahre ago verlegt hat.
Ein einfacher Tipp: Halte die Raumtemperatur im Dachgeschoss konstant bei 21 °C. Keine kalten Räume. Kein Herunterdrehen der Heizung. Die VELUX-Experten bestätigen: Bei konstanter Temperatur und Luftfeuchtigkeit von 42 % tritt Kondenswasser gar nicht erst auf.
Warum bildet sich Kondenswasser besonders bei Metalldächern?
Metall hat eine hohe Wärmeleitfähigkeit - zwischen 50 und 400 W/mK. Das bedeutet: Es kühlt schnell aus, besonders in der Nacht. Warme, feuchte Luft aus dem Wohnraum trifft auf diese kalte Oberfläche und kondensiert. Bei Dachziegeln oder Holz ist die Oberfläche nicht so kalt - deshalb entsteht dort seltener Kondenswasser.
Kann ich eine Dampfbremse nachträglich einbauen?
Ja, aber nur, wenn du das Dach öffnest. Eine Dampfbremse muss zwischen Dachsparren und Dachdeckung verlegt werden - sie kann nicht einfach auf die bestehende Konstruktion geklebt werden. Bei Sanierungen wird oft die Dämmung nachgerüstet und gleichzeitig eine neue Dampfbremse eingebaut. Das ist der günstigste Zeitpunkt.
Was ist der Unterschied zwischen Dampfbremse und Dampfsperre?
Eine Dampfbremse (sd-Wert 0,2-0,5 m) lässt etwas Wasserdampf durch - das ist gut, denn so kann Feuchtigkeit nach außen entweichen. Eine Dampfsperre (sd-Wert > 10 m) blockiert fast alles. Sie wird nur bei extrem feuchten Räumen wie Schwimmbädern verwendet. Im Dach ist eine Dampfsperre falsch - sie verhindert die Trocknung und führt zu Schimmel.
Reicht es, einfach öfter zu lüften?
Nein. Wer nur morgens und abends lüftet, senkt die Luftfeuchtigkeit kaum. Die Feuchtigkeit, die sich im Dach ansammelt, kommt nicht nur aus dem Wohnraum - sie entsteht auch durch Temperaturwechsel und Luftströmungen. Ohne Hinterlüftung und Dämmung bleibt die Feuchtigkeit im Dach. Lüften allein ist wie ein Pflaster auf einer gebrochenen Rippe - es hilft nicht, die Ursache zu beheben.
Wann ist eine Kondenswasserrisikoanalyse nötig?
Seit Januar 2024 ist sie nach DIN 4108-3:2023-11 bei allen Neubauten verpflichtend. Sie berechnet mit dem Glaser-Verfahren, ob Kondenswasser in der Konstruktion entsteht - basierend auf Dämmung, Lüftung, Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit. Auch bei Sanierungen mit Dämmung ist sie sinnvoll - besonders bei Dachfenstern oder ungewöhnlichen Konstruktionen.
Die Zukunft des Daches ist intelligent - aber die Grundregeln bleiben: Warme Luft darf nicht auf kalte Oberflächen treffen. Das ist keine Frage der Technik - das ist Physik. Wer das versteht, baut oder sanieren richtig. Wer es ignoriert, zahlt später - oft doppelt.