Grunderwerbsteuer senken: Legale Modelle und die großen Risiken
Dez, 5 2025
Die Grunderwerbsteuer kann bei einem Immobilienkauf Tausende Euro kosten. In manchen Bundesländern liegt sie bei 6,5 % des Kaufpreises. Das bedeutet: Bei einer Wohnung für 400.000 Euro zahlen Sie mehr als 26.000 Euro nur an Steuern. Viele kaufen deshalb ohne zu überlegen - und zahlen mehr, als nötig. Dabei gibt es legale Wege, die Steuer zu senken. Aber Vorsicht: Was wie eine clevere Lösung klingt, kann schnell zum teuren Fehler werden.
Kaufpreis aufteilen: Gebäude vs. Grundstück
Die einfachste und häufigste Methode: Den Kaufpreis in Grundstück und Gebäude aufteilen. Nur der Grundstücksanteil ist steuerpflichtig. Ein Haus mit Keller, Dach und Wänden zählt als Gebäude. Die Erde darunter ist das Grundstück. Wenn Sie 300.000 Euro zahlen, können Sie 180.000 Euro dem Gebäude und 120.000 Euro dem Grundstück zuordnen. Bei einem Steuersatz von 5 % zahlen Sie dann nur 6.000 Euro statt 15.000 Euro. Das sind 9.000 Euro Ersparnis.
Doch das Finanzamt schaut genau hin. Die Aufteilung muss realistisch sein. Ein altes Haus mit 200 Quadratmetern Wohnfläche und einem 500 Quadratmeter großen Grundstück? Da ist ein 60/40-Verhältnis normal. Ein Neubau mit 150 Quadratmetern auf einem 1.000 Quadratmeter großen Grundstück? Da wäre ein 80/20-Verhältnis verdächtig. Das Finanzamt Berlin-Neukölln hat 2023 bestätigt: Nur wenn die Aufteilung marktüblich und nachvollziehbar ist, wird sie akzeptiert. Gutachten von Gutachtern oder Baupläne helfen dabei. Ohne Belege riskieren Sie eine Nachzahlung - mit Zinsen und Bußgeld.
Bewegliche Gegenstände extra aufführen
Einbauküchen, Fußbodenheizungen, fest verbaute Klimaanlagen - das sind keine Grundstücksteile, sondern bewegliche Gegenstände. Sie fallen nicht unter die Grunderwerbsteuer. Wenn Sie im Kaufvertrag explizit schreiben: „Einbauküche im Wert von 7.000 Euro“, dann wird dieser Betrag vom steuerpflichtigen Kaufpreis abgezogen. Bei 5 % Steuersatz sparen Sie 350 Euro. Klingt wenig? Bei mehreren teuren Ausstattungsgegenständen summiert sich das schnell auf 1.500 Euro oder mehr.
Der Steuerberaterverband IDW sagt klar: Die Gegenstände müssen im Vertrag genannt sein. Und der Wert muss nachvollziehbar sein. Ein Preis von 20.000 Euro für eine Einbauküche bei einer 80 Quadratmeter-Wohnung? Das wird das Finanzamt hinterfragen. Nutzen Sie Rechnungen von Handwerkern, Katalogpreise oder Angebote von Möbelhäusern als Beleg. Wer das nicht macht, riskiert, dass das Finanzamt den Wert einfach auf 50 % des Kaufpreises festlegt - und die Steuer wieder auf das volle Niveau hochrechnet.
Grundstück und Bauvertrag getrennt abschließen
Bei einem Neubau gibt es eine vielversprechende Option: Kaufen Sie erst das Grundstück. Bauen Sie dann selbst oder mit einem Bauunternehmer. So zahlen Sie Grunderwerbsteuer nur auf den Grundstückspreis - nicht auf die gesamten Baukosten.
Beispiel: Grundstück für 100.000 Euro, Baukosten für 300.000 Euro. Bei 6,5 % Steuersatz in Nordrhein-Westfalen: Nur 6.500 Euro Grunderwerbsteuer statt 26.000 Euro. Klingt perfekt. Doch hier liegt die Falle.
Wenn Sie den Bauvertrag mit einem Bauträger abschließen, ist der gesamte Neubau umsatzsteuerfrei. Wenn Sie aber das Grundstück separat kaufen und dann einen Bauunternehmer beauftragen, fallen auf die 300.000 Euro Baukosten 19 % Umsatzsteuer an. Das sind 57.000 Euro. Ihre Steuereinsparung von 19.500 Euro ist damit komplett aufgefressen - und Sie zahlen noch 37.500 Euro mehr. Ecovis hat 2024 berechnet: Nur 23 % der Fälle sind hier wirklich vorteilhaft. Für die meisten Käufer ist das ein großer Verlust.
Anteile statt Immobilie kaufen
Wenn Sie eine Immobilie nicht direkt kaufen, sondern die Anteile an der Gesellschaft, die sie besitzt, erwerben, kann das steuerfrei sein. Solange Sie weniger als 95 % der Anteile kaufen, fällt keine Grunderwerbsteuer an. Das nutzen viele bei Erbengemeinschaften oder bei der Übertragung von Immobilien über GmbHs.
Doch das wird immer schwieriger. Die Bundesregierung plant, die Schwelle von 95 % auf 90 % zu senken - und zwar ab 2025. Das bedeutet: Wer 91 % der Anteile kauft, zahlt sofort Steuern. Und schon jetzt prüfen Finanzämter solche Transaktionen intensiv. Die Kanzlei Joerss berichtet: In 41 % der geprüften Fälle wurden solche Konstruktionen als missbräuchlich eingestuft. Die Steuerbehörden vermuten, dass hier nur die Immobilie versteckt verkauft wird. Wer das macht, riskiert nicht nur Nachzahlungen - sondern auch Strafverfahren.
Familienübertragung: Schenkung statt Kauf
Wenn Sie eine Immobilie an Ihr Kind oder Ihren Ehepartner übertragen, fällt keine Grunderwerbsteuer an. Das hat das Finanzgericht München 2023 bestätigt. Die Übertragung innerhalb der Familie ist steuerfrei - wenn es kein Kauf ist, sondern eine Schenkung.
Aber: Es gibt die Schenkungssteuer. Und die ist oft viel höher. Bei einer Immobilie im Wert von 500.000 Euro, die an ein Kind geschenkt wird, beträgt der Freibetrag 400.000 Euro. Der Rest von 100.000 Euro wird mit 30 % besteuert. Das sind 30.000 Euro Schenkungssteuer. Bei einem Grunderwerbsteuersatz von 5 % wären nur 25.000 Euro fällig gewesen. Sie sparen also 5.000 Euro - und zahlen 30.000 Euro mehr. Das ist kein Gewinn, das ist ein Verlust.
Und: Wenn das Finanzamt vermutet, dass die Schenkung nur ein Trick ist, um die Grunderwerbsteuer zu umgehen, kann es sie als „Schein-Schenkung“ ansehen - und die Grunderwerbsteuer nachträglich verlangen. Das passiert immer häufiger.
Eigenleistungen nutzen - richtig dokumentieren
Wenn Sie selbst streichen, verlegen oder montieren, sparen Sie nicht nur Geld - sondern auch Steuern. Denn Eigenleistungen gehören nicht zur steuerpflichtigen Kaufleistung. Wenn der Kaufpreis 320.000 Euro beträgt und Sie 15.000 Euro an Eigenleistungen erbringen, zahlen Sie Grunderwerbsteuer nur auf 305.000 Euro. Bei 5 % sind das 750 Euro Ersparnis.
Doch hier gilt: Keine Dokumentation - keine Anerkennung. Das Finanzamt Berlin hat 2023 klargestellt: Nur wenn Sie nachweisen können, was Sie selbst gemacht haben, wird es akzeptiert. Fotos vorher/nachher, Zeitpläne, Rechnungen für Materialien, Zeugenaussagen - das ist Ihr Beweis. Wer einfach sagt „Ich hab’s selbst gemacht“, riskiert, dass das Finanzamt den Wert einfach ignoriert.
Instandhaltungsrücklage abziehen
Bei einer Eigentumswohnung zahlen Sie oft eine Instandhaltungsrücklage mit. Das ist Geld, das die Wohnungseigentümergemeinschaft für zukünftige Reparaturen sammelt. Diese Rücklage ist kein Teil des Kaufpreises - sie gehört der Gemeinschaft, nicht Ihnen. Und deshalb: Sie darf vom steuerpflichtigen Kaufpreis abgezogen werden.
Beispiel: Wohnung für 300.000 Euro, Instandhaltungsrücklage 20.000 Euro. Sie zahlen nur auf 280.000 Euro Steuern. Bei 5 %: 1.000 Euro weniger. Das Finanzgericht Köln hat 2023 bestätigt: Das ist erlaubt - wenn die Rücklage im Kaufvertrag ausdrücklich genannt ist. Ohne diese Klausel ist sie nicht abziehbar. Die Kanzlei Hamburger Immobilien warnt: Viele Notare vergessen das. Prüfen Sie Ihren Vertrag. Wenn die Rücklage nicht steht, holen Sie sie nach - mit einer Ergänzungserklärung.
Die Risiken: Was passiert, wenn Sie es falsch machen
Alle diese Modelle sind legal - wenn sie richtig angewendet werden. Aber die Grenze zwischen clever und betrügerisch ist dünn. Und die Finanzämter prüfen härter denn je.
Im Jahr 2022 wurden bundesweit 14.350 Fälle von missbräuchlicher Grunderwerbsteuergestaltung entdeckt. Die Nachforderungen beliefen sich auf 827 Millionen Euro. Im Durchschnitt musste jeder Betroffene 57.600 Euro nachzahlen. In einem Fall in München waren es 4,2 Millionen Euro.
Die Prüfquote ist von 8,7 % im Jahr 2020 auf 18,3 % im Jahr 2023 gestiegen. Besonders verdächtig: Grundstücksanteile unter 30 % des Gesamtpreises. Das hat das Bundesministerium der Finanzen 2023 in einem Runderlass festgelegt. Die Erfolgsquote der Finanzämter bei der Aufdeckung liegt bei 67,4 %. Das heißt: Fast zwei von drei Gestaltungen werden erkannt.
Und es wird noch schlimmer. Ab 2025 soll die Schwelle für die Besteuerung von Gesellschaftsanteilen von 95 % auf 90 % sinken. Und es wird eine Mindestbewertung von 70 % des Gesamtwerts für Grundstücke eingeführt. Das macht viele Modelle bald obsolet.
Was tun? So gehen Sie richtig vor
Wenn Sie die Grunderwerbsteuer senken wollen, dann tun Sie es mit Augenmaß.
- Teilen Sie Kaufpreis nur dann auf, wenn es realistisch ist - mit Gutachten oder Marktdaten.
- Listen Sie bewegliche Gegenstände im Vertrag explizit auf - mit Preisen und Belegen.
- Vermeiden Sie die getrennte Abwicklung bei Neubauten - fast immer teurer.
- Verzichten Sie auf Anteilskauf - die Gesetze ändern sich, und die Prüfung ist brutal.
- Beachten Sie Schenkungssteuer - sie ist oft viel höher als Grunderwerbsteuer.
- Dokumentieren Sie jede Eigenleistung - Fotos, Rechnungen, Zeugen.
- Prüfen Sie den Kaufvertrag: Ist die Instandhaltungsrücklage ausgewiesen?
Und: Beraten Sie sich mit einem Steuerberater - nicht mit dem Makler oder dem Bauträger. Ein guter Steuerberater weiß, was heute noch geht - und was morgen nicht mehr geht. Denn in diesem Bereich ändert sich alles schnell. Was heute legal ist, kann morgen strafbar sein.
Kann ich die Grunderwerbsteuer komplett umgehen?
Nein. Die Grunderwerbsteuer ist eine gesetzliche Pflicht. Aber Sie können sie legal senken - durch sorgfältige Gestaltung. Wichtig: Es gibt keine „Loch“-Methode. Alles, was zu gut klingt, ist meistens riskant. Selbst wenn es heute funktioniert, kann es morgen rückwirkend als Betrug gewertet werden.
Was passiert, wenn das Finanzamt meine Aufteilung nicht akzeptiert?
Sie erhalten eine Nachforderung mit Zinsen. Die Zinsen betragen 0,5 % pro Monat - also 6 % pro Jahr. Hinzu kommt ein Bußgeld von bis zu 10 % des hinterzogenen Steuerbetrags. In schweren Fällen wird ein Strafverfahren eingeleitet. Die Finanzämter haben dafür spezielle Abteilungen - und sie arbeiten mit Datenanalysen. Wer die Aufteilung nicht dokumentieren kann, verliert.
Ist eine Schenkung an meine Eltern steuerfrei?
Ja - aber nur für die Eltern. Bei Schenkungen an Eltern gibt es einen Freibetrag von 100.000 Euro. Alles darüber wird mit 7 % bis 30 % besteuert. Wenn Ihre Eltern Ihnen eine Wohnung schenken, zahlen Sie Schenkungssteuer. Wenn Sie Ihre Eltern mit dem Haus versorgen, zahlen Sie keine Grunderwerbsteuer - aber wenn die Immobilie später verkauft wird, kann die Erbschaftssteuer nachträglich greifen. Hier lohnt sich immer eine Einzelfallprüfung.
Wie hoch ist die Grunderwerbsteuer in Berlin ab 2025?
Ab 2025 steigt der Steuersatz in Berlin von 5 % auf 6,5 %. Das ist der höchste Satz in Deutschland. Gleichzeitig wird die Prüfung von Gestaltungsmodellen noch intensiver. Wer in Berlin kauft, sollte besonders genau planen - und sich nicht auf veraltete Tipps verlassen.
Kann ich die Grunderwerbsteuer später zurückbekommen?
Nein. Die Grunderwerbsteuer ist eine einmalige Abgabe. Sie wird beim Eintrag ins Grundbuch fällig. Wenn das Finanzamt später eine Nachzahlung verlangt, müssen Sie zahlen - und zwar mit Zinsen. Es gibt keine Rückzahlungsmöglichkeit, wenn Sie die Steuer falsch berechnet haben. Vorsicht ist also besser als Nachträglichkeit.